Ceterum censeo corruptionem esse delendam 1)
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"Was dann danach wieder ins Internet gesetzt werden sollte, das wäre dann wirklich nach dem Gespräch mit Landrat Horst Schnur zu entscheiden" (1)

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Im ersten Monat des neuen Jahrtausends hatte sich Gerhard Grünewald, Chefredakteur des Odenwälder Echos, für seine Verhältnisse und die seines Provinzblattes weit, soll heißen, kritisch vorgewagt.
In einem Kommentar mit dem poetischen Titel "Der Fisch möpselt auch am Schwanz" erlaubte er sich in der vormaligen OHZ (22.01.2000, S. 11) zwei schon fast ungehörige Schlusssätze:

"Das sollten sich vor allem die Odenwälder Sozialdemokraten zu Herzen nehmen, die von den Auffassungen ihrer regionalen Vorleute abweichende Meinungen allzu oft schon fast wie M a j e s t ä t s b e l e i d i g u n g auffassen. Die SPD übt im Odenwald seit rund 50 Jahren die Regierungsgewalt aus."

Noch bevor die Staatsanwaltschaft im Kölschen SPD-Klüngel "deutliche Spuren der organisierten Kriminalität" und "mafiöse Strukturen" erkannte, hatte Grünewald zu Recht auch der Odenwälder SPD empfohlen, "die Politik sämtlicher Funktionsträger und Entscheidungszirkel ihrer eigenen Gruppierung stärker zu hinterfragen."

"Probleme des Lokaljournalismus"

Hinterfragen muss er freilich auch sich selbst bzw. sein Blatt: Kann man mit Blick auf die frühere "Odenwälder Heimatzeitung" (OHZ) bzw. das heutige "Odenwälder Echo" ernsthaft von einer "Kontrollfunktion freier und unabhängiger Medien" sprechen?
So werden im "unabhängigen" Odenwälder Echo Pressemitteilungen des Landrats, etwa ein Jubelartikel zu dessen 10-Jahres-Jubiläum, sprachlich / inhaltlich nahezu unverändert übernommen - als scheinbare journalistische Eigenleistung. Den meisten Lesern dürfte gar nicht bewusst sein, dass die scheinobjektiven Lobhudeleien tatsächlich der Feder von Schnurs Pressereferent entstammen.

Der "Hofbericht" im "unabhängigen Kontrollorgan" Odenwälder Echo/OHZ vom 1. 9. 2001 (Auszüge) O-Ton: Pressemitteilung d. Landratsamtes vom 30. 8. 2001 (Auszüge)
Interessenvertreter aus Passion für gesamte Region Odenwald
"ODENWALDKREIS (kn)...Zum Teil kraft Amtes, zum Teil aufgrund seines Ideenreichtums und seiner Tatkraft versieht Schnur heute etliche Aufgaben von der Kreisebene bis hin zu bundesweiter Bedeutung...Energisch vertritt Schnur die Odenwälder Interessen nach außen. Die Erkenntnis, im Zeitalter der Globalisierung nur mit Gemeinsamkeit zur erforderlichen Stärke zu gelangen, setzt Horst Schnur um....Manchem mag er wie ein Quell vorkommen, der nicht versiegen wird...Bei allem Bemühen, mit jedwedem Fortschritt Schritt zu halten, achtet der Landrat auch auf die Tradition."
Landrat Horst Schnur zehn Jahre im Amt
"Zum Teil kraft Amtes, zum Teil aufgrund seines umfassenden Ideenreichtums und einer ausgeprägten Tatkraft versieht Schnur heute etliche Aufgaben von der Kreisebene über das Land bis hin zu bundesweiter Bedeutung....Energisch wird Schnur, wenn es um die Vertretung Odenwälder Interessen nach außen geht...Dass im Zeitalter der Globalisierung nur Gemeinsamkeit zur erforderlichen Stärke verhilft, ist eine entscheidende Erkenntnis, die Horst Schnur umsetzt...Manchmal mag er einem Besucher wie ein Quell vorkommen, der nicht versiegen wird...Bei allem Bemühen, mit jedwedem Fortschritt auch Schritt zu halten und nicht den Anschluss zu verlieren, achtet der Odenwälder Landrat auch auf die Tradition. "


Ein ähnlich "enges" Verhältnis pflegte einstmals auch das "Neue Deutschland" mit Erich Honecker. Der frühere SED-Generalsekretär besaß allerdings weltweite "Bedeutung", sprudelte vor "Tatkraft", "Ideenreichtum" und globalen bzw. genialen "Erkenntnis(sen)", vertrat "energisch ... die Interessen" und die "Tradition" der Arbeiterklasse, war gleichzeitig auf der Seite von  "j e d w e d e m  Fortschritt" und konnte einem sogar jenseits 70 "wie ein Quell vorkommen, der nicht versiegen wird." Wohlgemerkt, hier soll nicht der mit ca. 75% direktgewählte "Super-Politiker" Horst Schnur mit dem ca. 95% pseudo-gewählten Erich Honecker verglichen werden. Lediglich die brave Presse und ihr vertrautes Verhältnis zur Herrschaft soll ein wenig karikiert werden.

Die PR-Floskeln aus der Presseabteilung des Landrats werden mitsamt ihres lobhudelnden Tonfalls aber auch für sonstige Berichte von der Ortspresse "geborgt".
Dies zeigt die unten stehende Gegenüberstellung zweier anderer Textauszüge. Der Text links (Biomasse) stammt von dem Echo-Redakteur Horst Eßlinger, der Text rechts findet sich in der bereits erwähnten (offiziellen) Pressemitteilung. Die verwendeten Floskeln sind in Ton und Inhalt meist austauschbar, egal, von wem der Schreiber nun bezahlt wird.

"Biomasse als Antrieb für Wirtschaft" Odenwälder Echo/OHZ vom 26. 6. 2002 (Auszüge) O-Ton: Pressemitteilung d. Landratsamtes vom 30. 8. 2001 (Auszug)
"ERBACH. Der Odenwald soll sich auf seine Stärken besinnen. Dies ist eine Forderung, die Landrat Horst Schnur seit Jahren erhebt. Dass er selbst seit langem unermüdlicher Ideen- und Impulsgeber ist, belegen Kartoffel- und Lammwochen, Holz- und Solar-Dialoge, die Schaffung eines regionalen Schlachthofs inklusive Gütesiegel-Fleisch, das Odenwald-Haus, die Anbindung des Odenwaldkreises an die Datenautobahn und vieles andere mehr. Doch damit nicht genug..." "So schuf Schnur eine ganze Reihe von Dialogen, die zu bemerkenswerten Erfolgen führten. Erwähnt seien an dieser Stelle der Wirtschaftsdialog aus dem Jahr 2000, an dem unter anderen Bundesfinanzminister Hans Eichel beteiligt war, der Holzdialog, der das Bauen mit Holz im Kreisgebiet enorm belebte, und der Ausbildungs- und Beschäftigungsdialog... Auch der Solardialog und der Softwaredialog erwiesen sich als markante Impulsgeber für regionale Kooperationen."


"Dialoge" werden also nicht einfach nur angeregt oder begonnen, vielmehr "schuf" der Herr und Meister die Dialoge - so als stünde man im Odenwald am Anfang aller Tage bzw. am Anfang der Schöpfung. Und ganz so wie der liebe Gott im Himmel ist auch sein Odenwälder Menschenkind "unermüdlich" beim Geben von Impulsen, beim Erschaffen von Dialogen und Schlachthöfen "... und vieles andere mehr. Doch damit nicht genug ...".
Selbst die offenbar ganz ungewöhnliche "Anbindung des Odenwaldkreises an die Datenautobahn" ist mehr dem einzigartigen Schnur als den vielen Telekom-Kabeln zu danken.
Überhaupt hat der Mann tolle Ideen und Erkenntnisse, zum Beispiel, dass man sich auf die eigenen Stärken besinnen soll ("eine Forderung, die Landrat Horst Schnur seit Jahren erhebt") oder dass "nur Gemeinsamkeit zur erforderlichen Stärke verhilft".

Die "Probleme des Lokaljournalismus" hatte Grünewald im April 2002 während eines Vortrags beim Historischen Verein der Kreisstadt Erbach selbst skizziert.
So habe sich "zur Nazizeit ... der Verlag offenbar aus Existenzangst zu tendenziöser Berichterstattung gezwungen gesehen".

"Kritischer Journalismus aber komme auch in Demokratien nicht immer gelegen, wie sich bei der Erbacher Zeitung zur Zeit der Pläne für eine Lustgarten-Bebauung erwiesen habe.
Damals seien Redakteure auf   p o l i t i s c h e n  D r u c k   hin ausgetauscht worden
."

Mit diesen Worten wird im Odenwälder Echo vom 29. 4. 2002 der brisantere Teil aus dem Vortrag seines Chefredakteurs wiedergegeben.
Kann man daraus schließen, dass im Odenwald "kritischer Journalismus" für die seit über 50 Jahren dauerregierende SPD auch einmal "gelegen" kommt? Sicherlich: Sofern sich die Kritik nicht gegen die SPD und schon gar nicht gegen Schnur persönlich richtet. Und wenn schon Kritik, dann sehr, sehr moderat bitte schön, handzahm gewissermaßen. Man könnte ja einen ungehaltenen Anruf erhalten.

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Inhaltsverzeichnis

Chronik
Majestätsbeleidigung
Probleme des Lokaljournalismus
Odinprawda: Achtung Satire!
Kartoffelkönig und Hofnärrin
Samisdat und Treibjagd: Anschauungsmaterial
Der Strippenzieher
Zensur - Klartext
Majestät verleumdet?
Schnur will "Anklage ... einreichen"
Südhessische Treibjagd
Polizeipräsidium als Zeuge
Verfahrensmuster für Willkür
Internet & Bücherverbrennung
Lehren für Landgrafen
Warum keine Gegendarstellung?
Ist der "Landfürst" der Verleumder?
"Nur um eines bittet Landrat Schnur ..."
Übles Spiel mit einem (Partei-)Freund?
Üble Spiele in Historie und in Hollywood
Gefährliche Bemerkung
"Informationsfreiheit" im Odenwald
Thema für SPIEGEL, kein Thema für OHZ
"Öffentlichkeit im Odenwaldkreis hat ein Recht ..."
Brandanschlag: Desinformation statt Information
Odenwälder Echo mäuschenstill
Stadtnachrichten: Loch im Mantel des Schweigens
Das musste doch nicht sein
Redakteurstelefonat: Das muss unter uns bleiben
Provinz: Ganoven und Wichte
Gelöschte Links I: Konforme BündnisGrüne
Kommunalpolitik und Pöstchgeschacher
Gelöschte Links II: Gesäubertes Gästebuch
Gelöschte Links III: Gesäuberte Kulturseite


Verfassungsrechtliche Regelungen für die Massenmedien (www.bund.de)

"Das Grundgesetz schützt die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit in Art. 5 Abs. 1. Damit wird in erster Linie der Schutz vor staatlichen Eingriffen gewährleistet, zum Beispiel: Meinungsäußerungen sind nicht strafbar; staatliche Überwachung und Unterdrückung von Veröffentlichungen sind unzulässig; Behörden müssen Publikationsorganen Auskunft geben; Journalisten brauchen Informanten nicht preiszugeben...."

Die Macht der Medien und die Art und Weise, wie sie mit ihr umgehen, stößt auf Kritik... Trotz dieser Kritik sollte nicht übersehen werden, dass freie Medien ein unverzichtbarer Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft sind. Sie machen politische Entscheidungen durchschaubar (transparent) und üben eine wichtige Kontrollfunktion aus, indem sie Machtmissbrauch, Ämterwillkür und Korruption aufdecken...
"

UN: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Artikel 19) (www.reporter-ohne-grenzen.de)

"Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten zu vertreten sowie Informationen und Ideen mit allen Kommunikationsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."

Weltkarte zum Stand der Meinungs- und Pressefreiheit

Zeitschriften in der DDR: Zensur

"Und bei der Diskussion des Themenkomplexes Zensur wurde einmal mehr klar, daß eine der wirksamsten Waffen gegen unerwünschte Schreiberei tatsächlich die ´Schere im Kopf´ ist. Noch in jedem autoritären Staat trug gerade die in einer Atmosphäre der Ängstlichkeit gedeihende Selbstzensur ganz erheblich dazu bei, die Schreibenden zu disziplinieren."

"Auf der anderen Seite entwickelte sich durch die Beschränkung der Pressefreiheit aber auch eine spezielle Art des ´getarnten Schreibens´ und des ´zwischen den Zeilen Lesens´."
Potsdamer Neueste Nachrichten, 23.10.98

"Die Autoren mußten sich oft wegen mangelnder politischer Sorgfalt unangenehmer Aussprachen stellen, die auch mit Berufsverbot und Entlassungen enden konnten."
Moabiter Post, 14.10.98


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