Ceterum censeo corruptionem esse delendam 1)
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Landrat Horst Schnur und ein brisantes Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung und Urkundenunterdrückung (2)

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§ 186 StGB Üble Nachrede: Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 187 StGB Verleumdung: Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Die missachtete Dienstaufsichtsbeschwerde

Dem Strafverfahren gegen die beiden Verwaltungsangestellten ging eine im September 1999 an Landrat Schnur gerichtete Dienstaufsichtsbeschwerde voraus.
Anstatt die sorgfältig belegte und begründete Beschwerde ernsthaft zu prüfen und die Beteiligten gemeinsam anzuhören, reagierte der vorgeblich dialogfreudige Landrat "autoritär" bzw. einschüchternd: Mit einem Strafantrag gegen den Beschwerdeführenden - jedenfalls behauptete er dies in einem Schreiben vom 20. 9. 1999.
Aus Sicht des Landrats ein missglückter Schachzug. Denn die am 1. 10. 1999 an die Staatsanwaltschaft Darmstadt zusammen mit Belegen gesandte Stellungnahme des scheinbar Angezeigten führt tatsächlich zur Einleitung eines Strafverfahrens - jedoch gegen die beiden Mitarbeiter von Landrat Schnur. Verdacht: Unterschlagung und Urkundenunterdrückung.
Umso erstaunlicher erscheint es, dass der dienstvorgesetzte Landrat die Dienstaufsichtsbeschwerde in gleicher Sache leichthin abtat.
Übrigens wird noch mehrere Monate später der zuständige polizeiliche Ermittler behaupten, dass von der am 20. 9. behaupteten Strafanzeige des Landrats gar nichts bekannt sei. Hatte dieser den doch zuallererst für seine eigene Behörde prekären Sachverhalt am Ende gar nicht an das Ohr der Justiz gebracht bzw. bringen wollen?

Ursprungsverfahren und Gegenverfahren

Seine sonst gefährdete Glaubwürdigkeit gebot es, dass der Landrat dann wohl oder übel doch ein Strafverfahren gegen den Beschwerde führenden Bürger auf den Weg brachte. Im Rahmen dieser Dokumentation wird es als "Gegenverfahren" zitiert.
Das Strafverfahren (Ursprungsverfahren) gegen die beiden Verwaltungsangestellten wurde 2 Jahre später, am 26. Oktober 2001, durch einen Beschluß des OLG Frankfurt zu einem "Abschluss" gebracht - allein aufgrund eines "Formfehlers".
Dies erlaubt es, amtliche Dokumente des erstaunlichen, vor allem erstaunlich langen Verfahrens zu publizieren.
Geschwärzt wurden in den hier gezeigten Blättern der Ermittlungsakte Namen sowie sonstige Angaben, die eine Identifzierung der beschuldigten Personen ermöglichen könnten.
Auch ohne Nennung der Namen gestatten diese Dokumente einen fast exemplarischen Einblick in das Innerste jener behördlichen Mechanismen, die gelegentlich unter dem Begriff "Krähenprinzip" subsumiert werden.

Ein haltloser Vorwurf?

Für die Einleitung eines Strafverfahrens reicht eine Strafanzeige nicht aus. Für die Staatsanwaltschaft müssen außerdem "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" für eine Straftat vorliegen. Erfahrungsgemäß eine hohe Hürde, wenn ein einfacher Bürger Strafanzeige gegen eine Behörde bzw. deren Mitarbeiter stellt - und im umgekehrten Fall eine eher geringe Hürde.
Dass dann ein "ungeheuerlicher Vorwurf" nicht schnell entkräftet werden kann, dass ein Strafverfahren eingeleitet werden muss, dass das Strafverfahren sich über 2 Jahre hinzieht, allein diese Umstände machen deutlich, dass hier nicht nur ein "ungeheuerlicher Vorwurf" im Raum stand, sondern offensichtlich auch ein sehr ernst zu nehmender Vorwurf.
Ungeachtet dessen schreibt der beschuldigte Behördenleiter 16 Monate (!) nach Einleitung des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens:

"Dieser Ablauf [die angeblicher Haltlosigkeit des Vorwurfs, der Verf.] ist leicht aus den Akten der Behörde und denen des Gerichtes, sowie auch und gerade aus den Schreiben des Herrn xxxx selbst nachzuvollziehen."


Hat der Behördenleiter (wieder) ein Problem mit der Wahrheit oder unterstellt er der Staatsanwaltschaft Dummheit? Die Dummheit, einen angeblich "leicht" aus den Akten nachzuvollziehenden Ablauf auch nach 16 Monaten noch nicht nachvollzogen zu haben.

In realiter: "Transparenz" & "Mittäter"

Er schreibt in diesem Brief auch, dass "die juristische Prüfung vielmehr zur Transparenz der tatsächlichen Sachlage und zu unserer Entlastung genutzt werden solle."

Schreiben des Behördenleiters

Der sachliche Superlativ ("tatsächliche Sachlage") und die bildungssprachliche Aufplusterung ("in realiter") lassen erspüren, dass hier ein Mann von offenbar klassischer Korrektheit in seiner Amtsehre getroffen wurde.
Hinter dem pompös zitierten "Amtsgericht" verbirgt sich vermutlich ein fragwürdig involvierter Rechtspfleger, den der Behördenleiter an anderer Stelle "Mittäter einer strafbaren Handlung" nennt - vorausgesetzt er bzw. seine Mitarbeiterin hätten sich tatsächlich strafbar gemacht.


Um am Ende nicht als "Mittäter" dazustehen, muss daher der Rechtspfleger bzw. das "Amtsgericht" in der Tat hoffen, dass "in realiter" dem Behördenleiter und seiner Kollegin von der Staatsanwaltschaft nicht die Täterschaft für eine "strafbare Handlung" "unterstellt" wird.

Mit aller Macht

Da ist es überaus tröstlich, dass eben dieses "Amtsgericht", das schon jetzt dem Beschuldigten mit Rat ("sehr angeraten") und Parteilichkeit bzw. Befangenheit ("... in realiter nicht unterstellt ...") zur Seite steht, in der gleichen Sache auch richten bzw. entscheidend mitentscheiden kann.
Zudem macht mit seiner Strafanzeige nicht nur der allmächtige Landgrafrat, sondern gleich der ganze "Odenwaldkreis" gegen einen einzelnen Bürger mobil, der den Kaiser bzw. die Behörde nackt nannte. Wenn das keine guten Karten sind in einem Landstrich, in dem seit Jahrzehnten Philz und und Kartoffel gedeiht!

Wie jedenfalls die "juristische Prüfung" des "ungeheuerlichen Vorwurfs", sprich: das gegen ihn und seine Kollegin laufende Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung und Urkundenunterdrückung, zur "Transparenz der tatsächlichen Sachlage und zu unserer Entlastung genutzt" wurde, das erschließt sich tatsächlich aus der insofern dankenswert transparenten Ermittlungsakte.

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