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Echo-Redakteur Grünewald über die örtliche, behördliche Lust an der Vorzensur
Gerhard Grünewald referierte auf Einladung des Heimat- und Geschichtsvereins Lützelbach beim jüngsten Odenwald-Forum in Hummetroth über den Weg vom „Gräflichen Wochenblatt“ zur heutigen Tageszeitung „Odenwälder Echo". Die Vorzensur habe sich früher so gestaltet:
">Der Druck und die Herausgabe kann nicht eher geschehen, als bis das Konzept von der staatlichen Prüfungsbehörde gebilligt worden ist<.
Eine Bestimmung, so der Referent schmunzelnd, die heute auch noch so manchem gefallen würde." Schau, schau: Ja, wer ist bzw. welche sind denn "manche"? Ist es womöglich der bekanntermaßen kritikempfindliche "Landgraf" Landrat Horst Schnur? Will der diesbezüglich erfahrungsgesättigte Grünewald etwa andeuten, dass es dem Superpolitiker und Superdemokrat Schnur "gefallen würde", eine Vorzensur wie anno dazumal zu praktizieren? "Nach wie vor", so Grünewald, werde nämlich von Behörden und Parteien "versucht, zumindest Einfluss auf die Berichterstattung auszuüben." Also "zumindest ... versucht", und gelegentlich auch durchgesetzt? Kein Wunder, dass Grünewald über die Missachtung von Presse- und Meinungsfreiheit "schmunzelnd" erzählt. Weiß er doch, dass er selbst ein kleiner Sünder ist und den örtlich-behördlichen? Wünschen nach Vorzensur mitunter? oder öfter? durchaus entspricht. So liefen bzw. laufen seit Monaten bzw. Jahren Ermittlungsverfahren gegen einen örtlichen Behördenleiter (Unterschlagung, Verleumdung), gegen örtliche Verwaltungsangestellte (Unterschlagung, Urkundenunterdrückung), gegen Landrat Schnur (Nötigung, Verrat von Dienstgeheimnissen), gegen einen örtlichen Kripobeamten (Urkundenfälschung), ohne dass hiervon auch nur ein einziges Wort in das "Landgräfliche Tagesblatt" bzw. in das Odenwälder Echo/OHZ dringt. Grünewald mochte im letzten Jahr nicht einmal bestreiten, was zu vermuten war: Dass in einem dieser Fälle Schnur bzw. dessen Behörde erfolgreich den Bericht über eine brisante Pressemitteilung der Grünen verhindert hatte. Ähnlich sieht es mit der Berichterstattung über den Brandanschlag auf die Asylantenunterkunft Wiesenmühle aus. Dieser seit der "Reichskristallnacht" schwerste Anschlag auf eine Minorität im Odenwald (der sich im kommenden Mai jährt) scheint bis heute (erwartungsgemäß) nicht aufgeklärt zu sein. Die vermutlich rechtsradikalen Mordbrenner können anscheinend bis heute frei herumlaufen. Auch über diesen Ermittlungsskandal verliert das Odenwälder Echo kein einziges Wort. Vielleicht fürchtet der alles andere als mutige bzw. kritische Grünewald, es könne ihm ergehen wie einem seinem Vorgänger: "Politiker erreichten daraufhin die Versetzung des Redaktionsleiters Bernhard Riedle und die Entlassung seines Kollegen Wilfried Walther Anfang der siebziger Jahre: Zum Verhängnis wurde beiden, so Grünewalds Meinung heute, nichts anderes als die Erfüllung ihrer beruflichen Pflicht und eine kritische Berichterstattung." Quelle: Echo
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